Sonntag, 3. Februar 2013

Das (fikive) Leben der Henne Martha. - Teil I Schneeblind

Das (fiktive) Leben der Henne Martha. - Teil I Schneeblind

Wir sind sicherlich nicht zimperlich. Wir Sulmtaler sind eine stolze, starke Hühnerrasse, das sollte sich herumgesprochen haben. Doch die Schweinekälte der letzten Wochen ist selbst für uns zu viel.

Hör mal zu, ich erzähle dir wieso: Am Morgen kommst schon mal schwer von der Stange runter, so steif bist von der Kälte. Jaja...Federn aufplustern, Kopf unter den Flügel beim Schlafen...Das sieht in  Kinderbüchern so süß aus. Im echten Hühnerleben ist da aber schon die Kacke am Dampfen, oder beim Einfrieren, kannst jetzt sehen wie du willst.

Dann versuchst ohne Genickbruch von der Stange zu kommen. Oder deiner Kollegin, die schon unten ist, möglichst nicht ins Kreuz zu springen. Das geht ja noch, aber auch nur weil wir so elegante, geschickte Mädels sind. Aber dann geht’s ja weiter. Wassertränke - zugefroren. Sag mal, sollen wir Eis lutschen? Versuch das mal ohne Lippen! Außerdem ist es dermaßen dunkel, dass man abends nicht in den Stall, sondern genauso gut in einem Bärenarsch abgebogen sein könnte!

Nun ja, wenigsten Fressen ist ausreichend vorhanden. So vertreibt man sich die Zeit mit picken und ein paar Gesprächen wies um die Kolleginnen so steht. Irgendwann geht dann endlich die automatische Hühnerklappe auf. Wir hoffen es zumindest, und das jeden Tag. Schon mal daran gedacht, dass die Batterien in dem Ding leer werden können? Und was dann? Sollen wir den Notrufknopf drücken? Meine Güte, ist das ist ein Leben hier.

Aber jetzt geht’s erst richtig los! Die Beine kannst dir brechen bei der Hühnerleiter, ach was sage ich denn, was heißt hier Leiter? Diese Schlauberger montierten nur ein glattes Brett! Und was passiert im Winter? Richtig, da liegt Schnee drauf. Klingelts?

Uns bleibt aber nichts übrig. Auf dem Quadratmeter Stall tut sich ja jetzt nicht soo viel. Wir schwingen unseren Luxuskörper ganz vorsichtig aus dem Stall und zwar so:
Zuerst durch das Loch aufs Brett. Ab hier heißt Beine auseinander und möglichst stabil stehen. Wieso? Eine Böe und du sitzt in Nachbarsgarten. Ja genau! Da wo das vierbeinige Monstrum herumläuft! Einen Windfang kannst dir bei der Bretterbude aufzeichnen, wir müssen froh sein, dass ein Fenster da ist!

Da stehst du nun mit steif gefrorenen Beinen und der Wind bläst dir von unten die Federn hoch. Peinlich, so etwas. Die Vorfreude auf einen schönen Spaziergang, um ein paar Würmer zu suchen, kann dir bei der Witterung abschminken. Nein, nicht wegen dem harten Boden. Sieh dir meine Krallen an, die machen das mit Links. Du siehst nur schon wieder überhaupt nichts! Wieso? Es ist ja mittlerweile hell! Wieso wir dann nichts sehen? Wir Hühner sind Schneeblind! Oben, unten, links rechts - alles eine weiße Wand. Trotzdem, die Beine werden vor Kälte langsam steif, du musst vom Brett runter. Wenigstens haben die bekloppten Zweibeiner daran gedacht, im Auslauf einen Unterstand zu bauen. Es bleibt somit nur die Flucht nach vorne. Jetzt kommt der schwierigste Teil. Der Sprung ins Ungewisse. Also, zwei Schritte am Brett nach vorne, mit den Flügeln die Balance halten, eine 90 Grad Wendung nach links, locker in die Knie gehen, Flügel noch höher anheben, Luft anhalten und...Sprung!

Weiter geht's mit Martha in Teil II...

Martha