Montag, 25. März 2013

Samstag, 2. März 2013

Das (fiktive) Leben der Henne Martha. - Teil II Gertis schwarzer Tag


Das (fiktive) Leben der Henne Martha. 


Teil I

Teil II - Gertis schwarzer Tag

... Sprung!  Ab hier, unsere Augen haben sich etwas an den weißen Schnee gewöhnt, ist er zuerkennen. Der Unterstand. Im Sommer ein wahres Paradies. Schattig, weiche, kühle Erde in der man angenehm baden kann. Ja, wir baden in Erde! Das hält uns sauber und hält die Federn geschmeidig. Wir reden nicht so gerne darüber, aber wir werden dabei auch die lästigen Parasiten los. Elendige Viecher. Aber naja, im Sommer eben. Im Winter hat die Qual der Wahl, stickiger Quadratmeter oder zügiger Unterstand.

Will ja nicht meckern, gibt Schlimmeres. Weil wir gerade von Schlimmen reden - wirklich schlimm erging es der Gerti. Damals, noch als junges Küken im vorletzten Sommer. Es war ein friedlicher, schöner Sommertag, wir dösten unter den Sträuchern vor uns hin. Conan, unser stattlicher Hahn, kümmerte sich gerade um die Heidi. Hab nicht mitgezählt, aber so zum vierten Mal an diesem Vormittag.

Nur unsere kleine, schusselige Gerti schnatterte leise und ein wenig abseits, im Auslauf vor sich hin. Da passierte es, ohne Vorwarnung. Der Conan sieht ja sonst alles und jeden und von überall. Nur wenn er bei, mit, auf - Martha räuspert verlegen - der Heidi ist, sieht er ein klein bisschen weniger. Und genau in dem Moment war er da!

Wie aus heiterem Himmel schoss ein Habicht vom Himmel, grub seine langen Krallen in Gerti und war auch schon wieder beim Abheben. Alles ging so furchtbar schnell! Das arme Ding quietschte herzzerreißend. Doch genau das war ihr Glück. Conan sprang blitzschnell von seiner Flamme, beschleunigt mit kräftigen Flügelschlägen und nahm den Habicht aufs Korn.
Mit voller Wucht knallte Conan gegen den gerade im Abheben begriffenen Vogel. Durch den Aufprall verlor der Habicht die noch immer schreiende Gerti, kam in Rückenlage und schlug mit dem Rücken am Boden auf.

Conan sprang mit einem Satz auf den Bösewicht und hielt dessen Flügel mit seinen Läufen am Boden. Fünf Kilo pure Muskelmasse gegen ein Kilo Habicht, er hatte keine Chance. Ganz langsam senkte Conan seinen Kopf und stoppte erst als seine scharfe Schnabelspitze einen Hauch vor des Habichts Auge war. Ganz leise flüsterte Conan ihm zu "Hör zu, hör ganz gut zu, du feiger, erbärmlicher Bastard. Glaub mir, ich sag's dir einmal, ein einziges Mal! Dreh deinen Kopf nach rechts, weiter, noch ein Stück! Ja genau, da wo der Kompost steht. Siehst du die Federn, schöne, schwarz-weiße Federn, siehst du sie? Sie waren noch viel schöner, jetzt sind sie etwas zerfranst und schon ein wenig grau. Sie waren aber wirklich genau so hübsch wie deine. Genau wie diese hier!" In diesem Moment zupfte Conan eine Feder vom Bauch des Habichts, der jaulte und begann zu wimmern. Der Hahn hielt ihm die Feder vors Gesicht. Dann brach er sie mit einem Knacken in der Mitte ab und spuckte die Reste neben den Habicht.

Conan sprach nun ganz leise weiter "Derjenige dem die Federn gehörten, wollte mir nämlich nicht glauben, dass ich gutgemeinte Ratschläge nur einmal gebe. Ich hab's ihm aber gesagt, ehrlich! Also, hier kommt er, mein Ratschlag für Säcke wie du es einer bist. Ich werde dich gleich loslassen. Du wirst ganz langsam aufstehen. Dann wirst du dir diese Gegend gut einprägen und in eine Richtung deiner Wahl fliegen". Mit einem Hieb auf den Kopf des Habichts fragte Conan "Soweit alles klar?" Der Habicht, mit weit geöffneten, angsterfüllten Augen, nickte hektisch. "Warte du Wurm, da kommt noch was. Sollte ich deinen knöchrigen Arsch jemals wieder in meiner Nähe sehen, verfüttere ich dich unseren Kompostwürmern. Zuvor muss ich dir aber die Federn abnehmen, Würmer fressen keine Federn, hast du das verstanden?" Der Habicht, mittlerweile klapperte sein Schnabel geräuschvoll, brachte nur ein Wimmern zustande. "Wie war das? Ich höre nichts?" In einer für seine Rasse ungewöhnlich hoher Stimmlage kreischte er dann doch  mehrfach "Ja, Ja, Ja!"
Conan, mit einem leichten Grinsen im Gesicht, hob langsam einen Lauf nach dem anderen von den Flügeln, trat ein paar Schritte zurück und fixierte den Habicht mit den Augen. Dieser hievte sich mühsam hoch, noch unsicher ob er tatsächlich entkommen wird und begab sich mit wackeligen Schritten in Richtung Zaun. Dort angekommen, drehte er seinen eingezogenen Kopf in Richtung Hahn um sicher zu gehen, dass Conan im nicht nachsetzte. Er fühlte sein Leben nun nicht mehr am seidenen Faden, spürte die nahe Freiheit, hob die Flügel "Halt!" - schallte es aus Conans Richtung. Der Habicht rührte sich keinen Millimeter und erinnerte in dieser Position an des Jägers Trophäe im Wohnzimmer. "Bastard! - Denk an die Federn beim Kompost und flieg weit!" Wie vom Blitz getroffen durchfuhr es den Habicht. Sekunden später war nur mehr ein Punkt am Himmel zu erkennen.

Die arme Gerti war angesichts der heldenhaften Vorstellung Conans total in Vergessenheit geraten. Wir alle riefen und suchten sie stundenlang. Erst knapp vor Sonnenuntergang fanden wir sie. Zitternd, unfähig sich auch nur zu bewegen, hatte sie sich in einer liegenden Gießkanne verkrochen. Als jede von uns und auch noch Conan ihr erklärten, dass der Habicht weg ist und auch nie wieder kommen wird, kam sie langsam raus. An diesem Abend nahmen wir sie in die Mitte der Schlafstange, der Platz der sonst nur Conan vorbehalten ist und halfen ihr den Tag zu verdauen, der Gerti zu einer anderen Henne werden ließ.

Weiter geht’s in Teil III


Gerti als Küken

Conan